Feuerwehren in Europa: Rückgrat der Gesellschaft

Autor: Dominik · Veröffentlicht am:

Freiwillige Feuerwehren sind aus dem Bevölkerungsschutz in Deutschland und Österreich nicht wegzudenken. Bei unseren europäischen Nachbarn ist das nicht unbedingt überall so. Wir geben euch einen Überblick.

Deutschland
Wie wichtig Freiwillige Feuerwehren bei uns in Deutschland sind, zeigt ein Blick auf die nackten Zahlen. Denn was viele „Nicht-Feuerwehrler“ hierzulande nicht wissen: Der allergrößte Teil der Feuerwehrleute in Deutschland ist ehrenamtlich tätig. Sage und schreibe 94 Prozent der Feuerwehrleute sind in Freiwilligen Feuerwehren organisiert – nach Angaben des Deutschen Feuerwehrverbandes hatten die mehr als 22.000 FFs in Deutschland Ende 2018 knapp 997.600 Mitglieder. Zum Vergleich: In den 104 Berufsfeuerwehren, die es bundesweit gibt, sind lediglich knapp 33.500 Menschen tätig, hinzu kommen noch 33.300 Frauen und Männer, die in knapp 770 Werkfeuerwehren organisiert sind. Dennoch gibt es in den einzelnen Bundesländern mitunter nicht unerhebliche Unterschiede bei der Frage, welche Aufgaben Feuerwehren übernehmen, oder wo ihre jeweiligen Befugnisse enden. Ein kleines Beispiel dafür: Bayerische Feuerwehren dürfen im Einsatzfall deutlich weitergehend in den Straßenverkehr eingreifen als ihre baden-württembergischen Kameraden – etwa bei Straßensperrungen. Für Deutschland gilt in jedem Fall: Ohne ehrenamtliche Kräfte geht hierzulande so gut wie nichts.

Österreich
In der Alpenrepublik zeigt sich ein sehr ähnliches Bild: Auch dort bilden Freiwillige Feuerwehren zweifellos die Basis von Brand- und Katastrophenschutz. Mehr als 339.000 Österreicherinnen und Österreicher leisten ihren Dienst in einer der fast 5.000 Freiwilligen Wehren, im ganzen Land gibt es nur sechs Berufsfeuerwehren in den größten Städten Wien, Graz, Innsbruck. Linz, Salzburg und Klagenfurt. Die konkrete Aufgaben-Definition wird – wie in Deutschland auch – über die jeweiligen Feuerwehrgesetze der Bundesländer geregelt. Und auch in den weiteren Regelungen sind sich Österreich und Deutschland recht ähnlich: In besonders gefährdeten Betrieben kann die jeweils regional zuständige Behörde die Vorhaltung einer Betriebsfeuerwehr vorschreiben, die aus Mitarbeitern des jeweiligen Betriebes oder auch aus hauptberuflichen Mitarbeitern in ständiger Bereitschaft bestehen kann. Je nach Größe wird die Betriebsfeuerwehr auch in den örtlichen Alarmplänen berücksichtigt und unterstützt bei Bedarf auch außerhalb des Betriebsgeländes die örtliche Feuerwehr. Trotzdem: Auch in Österreich bildet das Ehrenamt das Rückgrat des Feuerwehrdienstes.

Frankreich
Etwas anders sieht es in Frankreich aus: Zwar gibt es auch dort Freiwillige Feuerwehren. Allerdings machen sie dort „nur“ 79 Prozent der aktiven Feuerwehrdienstleistenden aus, genannt „Sapeurs Pompiers Volontaires“. Etwas mehr als 200.000 Frauen und Männer sind so in Frankreich ehrenamtlich tätig. Zur Erinnerung: In Deutschland liegt die Freiwilligenquote bei 94 Prozent. Kein Wunder also, dass die Zahl Berufsfeuerwehrleuten – der „Sapeurs Pompiers Professionnels“ – deutlich höher ist als in Deutschland. In Frankreich gibt es knapp 51.000 Berufsfeuerwehrleute, die interessanterweise zum Teil sogar als Soldaten angestellt sind: 12.500 von ihnen sind direkt beim Pariser Verteidigungsministerium angestellt und laufen unter der Bezeichnung „Pompiers Militaire“. Zu ihnen gehören auch die Feuerwehren der Metropolen Paris und Marseille. Generell ist der zentralistische Ansatz, der im Paris-foxierten Frankreich überall zu sehen ist, also auch in der Organisation der Feuerwehren zu spüren. Regionale Unterschiede gibt es zwar hin und wieder, allerdings sind diese oft so unerheblich, dass sie kaum erwähnenswert sind. Ein Thema, das in ganz Frankreich seit einigen Monaten für Diskussionen sorgt, ist übrigens auch hierzulande nicht unbekannt: In letzter Zeit häufen sich in Frankreich gewalttätige Übergriffe auf Einsatzkräfte, speziell in Stadtvierteln, in denen auch Polizeikräfte mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Bei einer Demonstration in Straßburg kurz vor Beginn der Corona-Pandemie forderten daher Freiwillige Feuerwehrleute sogar Polizeischutz, wenn sie in den entsprechenden Gebieten im Einsatz sind.

Italien
In Sachen Freiwillige Feuerwehr ist Italien ein uneinheitliches Land. Freiwillige Wehren im Sinne der Feuerwehren in Deutschland und Österreich gibt es dort nur in Südtirol – ein Überbleibsel der Zugehörigkeit der Region zu Österreich bis 1918. Auch im Trentino und im Aostatal gibt es ähnliche Organisationen. In Südtirol existiert ein Landesfeuerwehrverband. Im restlichen Italien dagegen ist die Feuerwehr zentralistisch von Rom aus organisiert. Es existiert eine nationale Feuerwehr, die aus knapp 32.000 hauptamtlichen und freiwilligen Mitglieder besteht und direkt dem Innenministerium unterstellt ist. Der größte Unterschied zu unseren Feuerwehren dabei: Die freiwilligen Einheiten kommen in Italien in allererster Linie nur als Unterstützung für hauptberufliche Feuerwehren zum Einsatz. Diese wiederum sind in den jeweiligen Provinzen in Feuerwehrkommandos organisiert, die auch als Leitstelle für die dortigen Feuerwachen fungieren. Im finanziell angeschlagenen Italien gibt es aber auch Tendenzen hin zu mehr ehrenamtlichem Dienst: Im Norden des Landes wurden in den vergangenen Jahren immer mehr Feuerwachen in die Hände freiwilliger Feuerwehrleute gegeben – nicht zuletzt auch aus Kostengründen.

Polen
Verglichen mit den italienischen und französischen Modellen ist die Struktur der Feuerwehr in Polen dem deutschen und österreichischen Modell deutlich ähnlicher. Zwar wird hier in Staatsfeuerwehr und Freiwillige Feuerwehr unterschieden, kompetenztechnisch allerdings stehen hauptamtliche Kräfte hier nicht über den Ehrenamtlichen. Unterscheidbar sind sie trotzdem: Die Hauptamtlichen tragen rote Helme, die Freiwilligen weiße. Zusätzlich gibt es in Polen Unternehmen, die Werkfeuerwehren unterhalten. Hauptamtliche Feuerwehrleute besetzen insgesamt knapp 500 Feuerwachen im Land, zusätzlich werden 28 kleinere Wachen in entlegeneren Gegenden unterhalten, um dort die Anfahrtszeiten der Feuerwehr zu verringern. Freiwillige Feuerwehren sind in Polen – wie auch hierzulande – in eingetragenen Vereinen organisiert. Insgesamt gibt es mehr als 15.700 Standorte aktiver Wehren im Land. Ein zusätzlicher Anreiz für ein Engagement bei der Freiwilligen Feuerwehr in Polen könnte auch finanzieller Natur sein: Für die Ehrenamtlichen zahlen die jeweiligen Regionalregierungen Aufwandsentschädigungen für Einsätze und Übungen – der Höchstsatz liegt dabei bei umgerechnet 6,65 Euro pro Stunde.

Großbritannien
In Großbritannien sind Feuerwehren einzig und alleine hauptamtlich tätig – freiwillige Einsatzkräfte gibt es dort überhaupt nicht. In England, Schottland, Wales und Nordirland wird der Feuerwehrdienst durch sogenannte Fire And Rescue Services (FRS) gewährleistet. Das früher extrem zentralistisch organisierte Land hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Kompetenzen an die jeweiligen Regionalregierungen in Cardiff, Edinburgh und Belfast abgegeben – darunter auch die Kompetenzen über die Regelungen beim Thema Feuerwehr. Neben den FRS-Einheiten gibt es noch privat betriebene Flughafenfeuerwehren sowie bei einigen großen Unternehmen Werkfeuerwehren, die allerdings nicht in dem Maße ausgestattet sind, wie wir es von deutschen Werkfeuerwehren kennen. Stattdessen fungieren sie eher als Hilfstruppen, die bestimmte Aufgaben erledigen können, bevor die Berufsfeuerwehr eintrifft. Die Berufsfeuerwehren sind dabei eher weitläufig zusammengefasst: Eine einzelne Leitstelle umfasst dabei mehrere Grafschaften und Regionen. So werden etwa die Einsatzkräfte im gesamten nördlichen Wales von einer einzigen Leitstelle aus koordiniert.


Schweiz
Unsere südlichen Nachbarn haben ebenfalls eine einzigartige Art und Weise, ihren Feuerwehrdienst zu organisieren. Denn nirgends ist der Föderalismus ausgeprägter als bei den Eidgenossen. Zwar gibt es eine zentrale Oberstelle, die Feuerwehr Koordination Schweiz (FKS). Darunter aber sind die Regelungen der einzelnen Kantone höchst unterschiedlich. In den meisten Kantonen herrscht sogar eine Feuerwehr-Dienstpflicht für Männer und Frauen. In etwa 1.300 Feuerwehren leisten daher knapp 85.000 Aktive ihren Milizdienst. Reine Freiwillige Feuerwehren gibt es bei den Eidgenossen dagegen äußerst selten. Im Gegensatz zu den Kollegen in Polen, die das Engagement in einer Feuerwehr vergüten, zahlt man in der Schweiz eine Abgabe, wenn man seinen Dienst selbst nicht leisten kann.



Zurück zur Übersicht